Handelsplattformen wie bspw. Amazon & eBay müssen sich auf strengere Regelungen einstellen.
Schaden durch Steuerhinterziehung im eCommerce / Onlinehandel
Wer als ausländischer Händler seine Ware im Internet verkauft, kann – wenn er sich geschickt anstellt – den Kaufpreis inklusive Umsatzsteuer kassieren, ohne davon etwas an den deutschen Fiskus abzuführen. Sie staunen? Klingt unglaublich, ist aber leider möglich. Vor allem Handelsplattformen wie Amazon und eBay sollen künftig stärker laut Bund und Länder in die Verantwortung genommen werden, damit diese Steuerbetrügereien unterbunden werden.
„Wer nicht steuerehrlich ist, den kriegen wir.“ Dieses Motto des Finanzministeriums Hessen klingt etwas hohl angesichts der Schlupflöcher im deutschen Steuerrecht, die so groß sind, das ganze Konzerne hindurch passen. Aber zumindest in Sachen Umsatzsteuerbetrug beim Onlinehandel bewegt sich jetzt anscheinend etwas. Und das ist auch dringend nötig. Denn ausländische Firmen schaffen es tatsächlich, ganz einfach Steuern in dreistelliger Millionenhöhe zu hinterziehen. Nach den Erhebungen von Mark Steier (Quelle: Wortfilter) könnten (insbesondere) asiatische Händler Umsatzsteuer für ihre Verkäufe über eBay und Amazon alleine in Deutschland in Höhe von ca. 800 Mio. Euro pro Kalenderjahr hinterziehen. Das Finanzministeriums schätzt den gesamten Umsatzsteuerschaden in der EU durch Onlinehandel gar auf rd. 160 Milliarden Euro. Der Bundesrechnungshof nennt das Internet deshalb zu Recht eine Steueroase.
Beginnen wir einmal mit den Grundsätzen …
Wie funktioniert das Umsatzsteuersystem in Deutschland?
Eigentlich ist das Umsatzsteuersystem in Deutschland recht einfach erklärt: Mit der Umsatzsteuer wird immer der Endkunde belastet. Rechnungen über die Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Produkten werden natürlich auch mit Umsatzsteuer belastet, jedoch ist die für Unternehmer in der Regel kostenneutral. Das bedeutet, bezahlte Umsatzsteuern erhalten die Unternehmer vom Finanzamt zurück, erhaltene Umsatzsteuerbeträge aus Ausgangsrechnungen werden an das Finanzamt bezahlt – somit stellt die Umsatzsteuer auf dieser Ebene eine Art „durchlaufender Posten“ dar, welche die Unternehmen nicht belasten.
Das deutsche Umsatzsteuersystem konkret mit Beispielen erklärt
Jedes Mal, wenn in Deutschland etwas verkauft wird, klingelt beim deutschen Fiskus die Kasse. Denn für jede verkaufte Ware kassiert er Umsatzsteuer. Je nachdem, um welche Ware es sich handelt, wird entweder der Regelsteuersatz von 19 % oder der ermäßigte Steuersatz von 7 % fällig. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist das Entgelt, also der Nettopreis, für den der Händler die Ware verkaufen möchte.
Beispiel: Das Entgelt für ein Smartphone beträgt 400 Euro. Die Umsatzsteuer beträgt 19 % davon, also 76,00 Euro. Im Laden zahlt der Kunde deshalb insgesamt 476,00 Euro für das Smartphone.
Die eingenommene Umsatzsteuer darf der Verkäufer aber nicht behalten. Er muss sie an das Finanzamt abführen. In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung erklärt er regelmäßig (monatlich oder vierteljährlich), welche Umsätze er hatte. Das Finanzamt zieht dann den entsprechenden Steuerbetrag ein.
Beispiel: Die Umsatzsteuer in Höhe von 76,00 Euro aus dem Verkauf des Smartphones bekommt das Finanzamt, das Entgelt von 400 Euro behält der Verkäufer.
Bis eine Ware beim Kunden ankommt, wird sie normalerweise vorher mehrere Male verkauft: Vom Hersteller gelangt sie zum Großhändler, eventuell zu einem Zwischenhändler und weiter zum Einzelhändler. Bei jedem Verkauf fällt die Umsatzsteuer an, auch wenn ein Unternehmen an ein anderes Unternehmen verkauft. Allerdings haben Unternehmen gegenüber Privatpersonen einen entscheidenden Vorteil: Sie können sich die bezahlte Umsatzsteuer als sog. Vorsteuer vom Finanzamt wiederholen.
Beispiel: Der Verkäufer des Smartphones hat dieses von einem Großhändler für 275 Euro gekauft. Inklusive Umsatzsteuer von 19 % hat er 327,25 Euro bezahlt. Die Umsatzsteuer von 52,25 kann er jedoch als Vorsteuer geltend machen und bekommt sie vom Finanzamt zurückerstattet.
Der private Endkunde steht am Ende dieser Umsatzsteuerkette, nur er wird endgültig mit der Umsatzsteuer belastet.
Ware aus dem Ausland – wann wird die Umsatzsteuer fällig?
Grundsätzlich gilt: Für alles, was in Deutschland verkauft wird, muss in Deutschland Umsatzsteuer gezahlt werden. Das gilt auch für Waren, die aus dem Ausland kommen.
Erfolgt die Lieferung von einem Unternehmen aus einem EU-Land an ein deutsches Unternehmen, gelangen diese gewerblich gelieferten Waren quasi unversteuert über die innergemeinschaftlichen Grenzen. Die Belastung mit der Umsatzsteuer bei diesem innergemeinschaftlichen Erwerb erfolgt erst in Deutschland, und zwar durch die Abgabe einer Umsatzsteuererklärung beim Finanzamt.
Kommt die Ware aus einem Drittland, also zum Beispiel der Schweiz oder aus China, wird die Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Da der Händler aus dem Drittland sich in seinem Land die Umsatzsteuer spart, soll mit der Einfuhrumsatzsteuer verhindert werden, dass die Ware ohne Umsatzsteuer an den Endverbraucher gelangt.
Mit welchen Tricks „sparen“ sich Steuerbetrüger die Umsatzsteuer?
Ein bekanntes Betrugsmuster ist die Missing-Trader-Problematik (Umsatzsteuerkarussell). Hierbei wirken mehrere Unternehmen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten zusammen, wobei einer der Händler der Lieferkette die von seinen Abnehmern bezahlte Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abführt. Die Abnehmer machen hingegen die Vorsteuer geltend und erhalten diese vom Finanzamt ausgezahlt. Da in weiteren Teilen der Kette eine Lieferung über Binnengrenzen erfolgt und nach dem Bestimmungslandprinzip die Umsatzsteuer nicht im Ursprungsland (Sitzland des Verkäufers), sondern im Bestimmungsland (Sitzland des Käufers) anfällt, erfolgt keine Verrechnung mit der Vor- oder Umsatzsteuer aus weiteren Teilen der Lieferkette; außerdem wird die Aufdeckung erschwert.
Im Onlinehandel über Plattformen haben sich insbesondere folgende Betrugsmethoden herauskristallisiert:
Hat ein Händler seinen Sitz im Ausland, zum Beispiel in China, gibt es für ihn diese – natürlich völlig illegalen – Möglichkeiten, sich die deutsche Umsatzsteuer zu sparen (wir sprechen hier von Steuerhinterziehung):
- Er gibt bei der Einfuhr einen falschen Warenwert an. Die Folge: Die Einfuhrumsatzsteuer fällt zu niedrig aus.
- Er registriert sich steuerlich nicht in Deutschland und führt die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt ab, sondern behält sie als Einnahme für sich. Im Ergebnis zahlt der Kunde einen höheren Preis in dem Glauben, dieser beinhaltet die Umsatzsteuer, beim Finanzamt kommt aber tatsächlich nichts an.
Die Waren bieten diese Händler im Internet an, vorzugsweise über große Handelsplattformen wie Amazon. Viele ausländische Händler bedienen sich dabei der Amazon-Logistikzentren. Der Vorteil: Amazon übernimmt die Rolle eines Logistik-Dienstleisters – und unterliegt als solcher nicht der Marktüberwachung durch die zuständigen Behörden. Keine Überwachung bedeutet: Ob die Verkäufe ordnungsgemäß versteuert werden, wird nicht kontrolliert. Somit ist unklar, ob der Händler in Deutschland überhaupt registriert ist. Und natürlich ist dadurch Tür und Tor geöffnet, die wahre Identität des leistenden Unternehmers zu verschleiern.
Bei der Einfuhr aus einem Drittland ist es sogar fast noch einfacher: Denn den Zollwert legen die Händler beim Export ihrer Ware aus China selbst fest. Je geringer also dieser Zollwert ist, desto niedriger ist auch die Einfuhrumsatzsteuer. Bei einem Wert der Ware bis zu 22 Euro fällt sogar gar keine Einfuhrumsatzsteuer an. Diese Besteuerung wird umgangen, in dem bewusst ein Warenwert von unter 22 Euro angegeben wird, obwohl der Wert tatsächlich darüber liegt. Zwar stünde dem Händler dem Grunde nach der Vorsteuerabzug aus dieser Einfuhr zu, wenn die Ware danach steuerpflichtig veräußert wird, allerdings ist dafür die umsatzsteuerrechtliche Registrierung bei einem Finanzamt notwendig, die aus Sicht des Händler im Ergebnis so nicht notwendig ist. Dass chinesische Firmen dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz und einen größeren Profit haben, versteht sich von selbst. Nicht zu vergessen der Schaden für den Fiskus.
Für Firmen, die ihren Sitz in Deutschland bzw. sich steuerlich ordnungsgemäß registriert haben, sind diese Praktiken mehr als ärgerlich. Denn ihnen selbst drohen bei einem Vergehen hohe Strafzahlungen, während ihre chinesischen Kollegen sich nicht um bürokratische Erfordernisse scheren. Ein kleiner Fehler in der Rechnung, und schon ist der Vorsteuerabzug dahin. Die chinesischen Händler stellen dagegen noch nicht mal eine Rechnung aus, von ordnungsgemäß ganz zu schweigen – und das völlig ohne Konsequenzen für sie.
Das sind Ungerechtigkeiten, die nicht hinzunehmen sind und schon längst hätten beseitigt werden müssen.
Warum werden diese Betrügereien nicht entdeckt bzw. nicht verfolgt?
Auf Amazon und eBay gibt es alles zu kaufen, was man sich vorstellen kann. Nichts, was es nicht gibt. Und so geht Ware, die am Fiskus vorbei verkauft wird, wahrscheinlich schlicht unter. Darüber hinaus kümmert sich vor allem Amazon nicht um die steuerlichen Angelegenheiten seiner Kunden. Denn bei jedem Verkauf über seinen Marketplace verdient Amazon mit. Gegen die Veröffentlichung von Kundendaten wehrt sich Amazon mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Steuerbetrüger können also ungestört ihren Geschäften nachgehen, ohne Angst vor Entdeckung haben zu müssen.
Ähnlich ist es bei der Einfuhr von Waren: Bei niedrigpreisiger Massenware ist eine Kontrolle kaum möglich, die falschen Wertangaben in der Zollanmeldung bleiben deshalb oft unentdeckt.
An die betrügenden Firmen kommt man schlecht bis gar nicht heran. Zum einen müssten die Steuerhinterzieher erst einmal entdeckt werden, sprich, auf Amazon oder eBay müssten Steuerfahnder die betrügerischen Angebote finden – die Nadel im Heuhaufen ist nichts dagegen. Zum anderen, wenn denn der Betrüger gefunden ist, scheitert eine Strafverfolgung meist daran, dass das Unternehmen im weit entfernten Ausland sitzt. Dort ist es in den allermeisten Fällen eben nicht möglich, von den betrügerischen Firmen die hinterzogenen Steuern einzutreiben.
Welche Tools hat die Finanzverwaltung im Kampf gegen den Steuerbetrug?
Schon bisher nutzt die Finanzverwaltung verschiedene automatisierte Instrumente, um den Umsatzsteuerbetrug im Allgemeinen aufzudecken. Im Bereich des Onlinehandels spielt Xpider eine zentrale Rolle und wird nach Auskunft der Finanzverwaltung ständig weiterentwickelt. Jedoch auch die übrigen Instrumente unterliegen einer steten Evaluierung, Weiterentwicklung und Ausbau.
Was soll sich ändern, um der Steuerhinterziehung im eCommerce entgegen zu wirken?
Marktplatzhaftung zur Verminderung des Steuerausfalls
Um diese Missstände zu beseitigen, gibt es die Initiative des Bundesfinanzministeriums zusammen mit den Länderfinanzministern. Hier werden verschiedene Lösungsansätze für Deutschland diskutiert. Insbesondere sollen die Betreiber der Handelsplattformen, also Amazon, eBbay und Co., stärker in die Pflicht genommen werden. Sie müssten künftig selber die vom Händler hinterzogenen Steuern bezahlen. Das bedeutet konkret: Die Online-Plattformen würden für Ihre Anbieter in Haftung genommen.
Dass dies funktioniert, zeigt Großbritannien (GB). Hier müssen die Handelsplattformen seit September 2016 nach einer Behördenwarnung steuerhinterziehende Händler rausschmeißen. Tun sie das nicht, haften sie selbst für den entstandenen Schaden. Das Ergebnis dieser Regelung: Amazon.uk sortiert nun die Händler aus, die keine Steuernummer haben. Geht doch!
Zwischenfazit zur Marktplatzhaftung in GB nach 10 Monaten: Aktuelle Zahlen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) deuten darauf hin, dass die Marktplatzhaftung in GB nicht das Allheilmittel ist. Teilweise hinterlegen die betrügerischen Händler nun USt-IdNummern von Strohmännern auf den Plattformen. Das führte zwar zu einem sprunghaftem Anstieg der steuerlichen Registrierungen in GB aber voraussichtlich nicht zu dem erhofften Anstieg des Umsatzsteueraufkommens.
Abschaffung der Freigrenze bis 22 Euro Warenwert bei der Einfuhr
Da die Steuerfreiheit für Kleinimporte bis 22 Euro Warenwert zu Betrug geradezu einlädt und hochwertige Güter unterbewertet eingeführt werden, soll darüber hinaus diese Freigrenze abgeschafft werden. Damit fällt künftig ab dem ersten Cent die Einfuhrumsatzsteuer an – und das europaweit. Von unserer Sicht aus Schade, dass es soweit kommen muss: Somit haben auch ehrliche Onlinehändler künftig einen nicht zu unterschätzenden bürokratischen Mehraufwand … und wir hätten doch Vereinfachungen im eCommerce-Bereich dringend notwendig.
Split Payments
Demnach sollen Händler die Umsatzsteuer gar nicht mehr von ihren Kunden vereinnahmen dürfen, um diese dann hoffnungsvollerweise an das Finanzamt abzuführen. Vielmehr soll die Umsatzsteuer direkt an der Quelle abgeführt werden – also z.B. während des Zahlungsvorgangs. Der Verkäufer erhält das Netto-Entgelt und die Finanzbehörden un-/mittelbar die Umsatzsteuer (split payments).
Großbritannien und Polen haben neben Italien, das Split Payments bereits seit einiger Zeit im öffentlichen Sektor einsetzt, bei der Umsetzung dieses Verfahrens eine Vorreiterrolle eingenommen.
Split Payments in Großbritannien
Großbritannien plant die Einführung von Split Payments insbesondere für den betrugsanfälligen Onlinehandel.
Das Chartered Institute of Taxation hat dieses Gesetzesvorhaben analysiert und erklärt, dass diese Methode durchaus erfolgversprechend sei. Aufgrund der Komplexität in der Durchführung sollte es in UK aber zunächst nur auf die Händler mit dem größten statistischen Betrugsrisiko beschränkt werden. Das sind in UK derzeit Händler aus Übersee (z.B. China).
Dass dieses Verfahren komplex sein kann, zeigen die Entwicklungen in Polen.
Split Payments in Polen ab 2018?
Der für FBA-Händler wichtige EU-Staat Polen ist bereits einen Schritt weiter.
Polen plant, zum 01.01.2018 ein freiwilliges Split Payment Verfahren für zunächst rein polnische B2B-Transaktionen einzuführen. Die Freiwilligkeit soll durch eine Reihe von Anreizen, wie z.B. die schnellere Erstattung von Umsatzsteuer-Guthaben, gefördert werden.
Interessant ist der geplante Mechanismus, da er als Blaupause für andere EU-Staaten dienen könnte.
Wenn der Verkäufer freiwillig zum Split Payments Verfahren optiert, dann benötigt er ein zweites, sogenanntes Umsatzsteuer-Bankkonto (USt-Bankkonto). Diese USt-Bankkonten sollen bis Ende 2017 von allen polnischen Banken angeboten werden. Auf diese Konten werden die Finanzbehörden unmittelbar Zugriff haben.
Der Käufer wird demnach zwei Überweisungen tätigen müssen:
- den Nettobetrag auf das bisherige Geschäftskonto des Händlers und
- den Umsatzsteuerbetrag auf das USt-Bankkonto.
Und Deutschland?
Deutschland hat erst kürzlich eine Anfrage an die EU-Kommission gerichtet, ob Split Payments zur Vermeidung des Umsatzsteuerbetruges, insbesondere im Onlinehandel, angewendet werden dürfen.
Da Deutschland diese Methode verpflichtend einführen will, bedarf es, anders als bei der freiwilligen Anwendung in Polen, der Zustimmung der EU-Kommission.
Kritik an der Lösung des Kampf um den Steuerbetrug durch das Finanzministerium
Es wird wohl nicht damit getan sein, Amazon, eBay und Co. einfach den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Die Sicherstellung der korrekten und gleichmäßigen Erhebung aller Steuern ist eine sogenannte hoheitliche Aufgabe und damit in der Verantwortung der Finanzverwaltung.
Es ist erschreckend und symptomatisch zugleich, dass die Finanzverwaltung keine eigene Datengrundlage zum Umsatzsteuerbetrug im Onlinehandel vorweisen kann.
- Wie kann oder will man Betrugsmuster in einem stark wachsenden Zukunftsmarkt bekämpfen, wenn man die Ausmaße des Schadens nicht kennt?
- Wieso kann aber ein E-Commerce-Experte mit frei verfügbaren technischen Ressourcen und zeitlich überschaubarem Aufwand diesen Schaden erstmalig beziffern?
Die Finanzverwaltung steht vor großen Herausforderungen. Der demographische Wandel und die seit Jahren starke Konjunktur führen dazu, dass qualifiziertes Personal nicht in dem Maße eingestellt werden kann, wie es erforderlich ist.
Das föderale System hat zusätzlich dazu geführt, dass in den Bundesländern eine Vielzahl unterschiedlicher IT-Systeme im Einsatz sind, welche einen zwingend erforderlichen Datenaustausch nicht unbedingt erleichtern.
Technologien für eine erfolgreiche Betrugsbekämpfung im Digitalzeitalter werden oftmals mit externer Expertise entwickelt. Die Ausschreibungs- und Umsetzungsverfahren dafür können sich über viele Jahre hinziehen.
Unser Fazit zur Steuerhinterziehung im eCommerce
Sowohl Endverbraucher als auch ehrliche Unternehmer werden die Pläne der Finanzminister begrüßen.
Wer als Privatperson an einen solchen betrügerischen Händler gerät, erleidet steuerlich zwar keinen Nachteil und freut sich wahrscheinlich über einen günstigen Preis. Allerdings nehmen es diese Unternehmen auch in Sachen Gewährleistung und Widerrufsrecht nicht so genau. Wenn die Ware defekt ankommt oder nicht ganz den Vorstellungen entspricht, verfliegt die Freude wahrscheinlich dann ziemlich schnell.
Sehr viel härter kann es einen Unternehmer treffen, der Ware für sein Unternehmen von einem solchen Händler kauft. Denn die Vorsteuer kann er nur geltend machen, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Auf dieser muss insbesondere die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Verkäufers enthalten sein. In den allermeisten Fällen wird sie jedoch fehlen – und der Vorsteuerabzug ist dahin.
Unser Fazit soll jedoch auch als Kritik verstanden werden: Es wird wohl nicht damit getan sein, Amazon, eBay und Co. einfach den Schwarzen Peter zuzuschieben. Die Finanzverwaltung ist in der Verantwortung und hat für die Sicherstellung der korrekten und gleichmäßigen Erhebung aller Steuern zu sorgen. Deshalb ist es erschreckend und verwunderlich, dass die Finanzverwaltung keine eigene Datengrundlage zum Umsatzsteuerbetrug im Onlinehandel vorweisen kann. Wie kann oder will man Betrugsmuster in einem stark wachsenden Zukunftsmarkt bekämpfen, wenn man die Ausmaße des Schadens nicht kennt?
Wie auch wir als Unternehmer sollte die Finanzverwaltung umdenken und vorausschauend handeln: qualifiziertes Personal wird künftig sehr schwer zu bekommen sein, eine einheitliche IT-Struktur würde den Datenaustausch sicherlich beschleunigen (bisher hat jedes Bundesland unterschiedliche IT-Systeme) und auch die Tools zur Betrugsbekämpfung werden umständlich über Ausschreibungs- und Umsetzungsverfahren an externe Unternehmen vergeben. Sollten wir nicht auch erwarten können, dass hier mehr Ressourcen und Innovation eingesetzt werden?
Mein Vorschlag: Fokus auf die Aufdeckung und die Verhinderung dieses Steuerbetrugs, Verringerung des bürokratischen Aufwands für ehrliche Onlinehändler. Zum Beispiel durch ein einfacheres Meldeverfahren im EU-Ausland (analog dem Mini-One-Stop-Shop-Verfahren) für den Onlinehandel. Auch dieser Ansatz ist schon von der Finanzverwaltung für die nächsten Jahre angedacht, was für jeden Onlinehändler eine deutliche Vereinfachung und Kostenersparnis bringen würde.