Umsatzsteuer in Polen oder Tschechien
Problematisch ist nicht nur die umsatzsteuerliche Registrierung in Polen und Tschechien. Es ergeben sich Sprachbarrieren und wirtschaftliche Belastungen durch die zusätzliche Bürokratie. Weiterhin fällt die Umsatzsteuerbelastung in Polen und Tschechien höher aus. Statt den in Deutschland üblichen 19% Umsatzsteuer fallen in Tschechien 21% und in Polen sogar 23% Umsatzsteuer an.
Wenn die Waren also von tschechischen und polnischen Amazon Lagern aus versandt werden, müsste grundsätzlich eine höhere Umsatzsteuer gezahlt werden. Das gilt grundsätzlich auch, wenn an Privatkunden in Deutschland verschickt wird.
Die vom Online-Händler erzielte Marge kann durch diese zusätzliche Umsatzsteuerbelastung erheblich geschmälert werden.
Das gilt zumindest solange die Verkäufe aus einem FBA-Lager in Polen oder Tschechien an Privatkunden aus Deutschland pro Jahr jeweils nicht mehr als 100.000 Euro betragen. Denn solange gilt die deutsche Lieferschwelle als nicht überschritten und die Umsätze sind in Polen bzw. Tschechien der Umsatzsteuer zu unterwerfen (Stand 01.06.2016).
Wird die deutsche Lieferschwelle von 100.000 Euro – also die Umsätze mit Waren die aus einem ausländischen FBA-Lager an Kunden aus Deutschland erzielt werden – überschritten, sind die Umsätze trotz der Versendung aus Polen oder Tschechien wieder in Deutschland der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Das ergibt sich nach dem europaweit geltenden umsatzsteuerlichen Bestimmungslandsprinzip bei Umsätzen an private Kunden. Im deutschen Umsatzsteuerrecht ist dies in § 3c UStG abgebildet.
Um trotz der FBA-Lager weiterhin von dem niedrigeren deutschen Umsatzsteuersatz von 19% zu profitieren, empfiehlt es sich auf die Anwendung der Lieferschwelle zu verzichten. Durch diese Option werden die Umsätze aus Warenlieferungen aus ausländischen FBA-Lagern mit Privatkunden aus Deutschland vom 1. Euro an der deutschen Umsatzsteuer unterworfen.
In Polen oder Tschechien bleibt es zwar dabei, dass eine umsatzsteuerliche Registrierung erfolgen muss und die Finanzverwaltungen über die getätigten Umsätze informiert werden müssen. Die Umsätze müssen aber nicht in den Ländern besteuert werden. Für Kunden auf dem deutschen Markt wird weiterhin die vergleichsweise günstige Umsatzsteuer in Rechnung gestellt.
„Das Optieren ist immer dann sinnvoll, wenn der Steuersatz in dem Land, in welches die Ware geliefert wird, niedriger ist als in das Land, in dem die Ware lagert. Hierbei stellt sich Deutschland als umsatzsteuerliches Niederigsteuerland heraus. Innerhalb der EU haben nur Luxemburg (17%) und Malta (18%) einen niedrigeren Umsatzsteuersatz als Deutschland (Stand 01.06.2016).“
Es besteht also die Möglichkeit von den günstigen Amazon-Gebühren durch die Nutzung der FBA-Lager zu profitieren. Eine Steuermehrbelastung auf dem deutschen Absatzmarkt kann dabei durch Verzicht auf die Lieferschwelle durch Option vermieden werden.